Nachtdienst bedeutet für viele Pflegekräfte das Horrorszenario schlechthin.
Mehrere Leserinnen und Leser hatten unsere Redaktion angeschrieben und ihre Erlebnisse und auch die damit verbundenen Belastungen während des Nachtdienstes geschildert.
Dabei trat mehrfach die Frage auf, ob es gesetzliche Regelungen gibt, die eine ausschließliche Versetzung in den Tagdienst ermöglicht.
Pflege Liebe nimmt diesen Themenwunsch sehr gerne auf und erläutert Ihnen liebe Leserinnen und Leser die genauer diesbezügliche Rechtslage.
Nachtdienst: Recht auf regelmäßige Untersuchung zur Nachtdiensttauglichkeit

Nach § 6 des Arbeitszeitgesetzes) sind Mitarbeiter, die ausschließlich in der Nacht arbeiten, berechtigt, sich in Abständen von mindestens drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen.
Wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das 50. Lebensjahr vollendet haben, besitzen sie das Recht sich jedes Jahr untersuchen zu lassen.
Entscheidend hierfür ist, dass die Kosten der Untersuchung der Arbeitgeber zu tragen hat.
Wenn bei der arbeitsmedizinischen Untersuchung festgestellt wird, dass die weitere Tätigkeit im Nachtdienst eine Gesundheitsgefahr darstellt, muss der Arbeitgeber die Mitarbeiterin beziehungsweise die Mitarbeiter, sofern dies verlangt wird, auf einen entsprechend für sie geeigneten Tagesarbeitsplatz umsetzen.
Als kleines Schlupfloch für den Arbeitgeber dürfen jedoch keine betrieblichen Erfordernisse entgegenstehen.
Sofern der Arbeitgeber dringende betriebliche Erfordernisse geltend macht, muss der Betriebsrat beziehungsweise der Personalrat angehört werden.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes arbeiten rund 6,2 5 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Wechseldienst (Stand 2012).
Nachtdienst: Urteil des BAG Richtungsweisend
Ein jüngstes Urteil des Bundesarbeitsgerichts gilt als wegweisend für alle Schichtarbeiter.
Der Fall selbst wurde von einer Krankenschwester angeregt, die aufgrund gesundheitlicher Probleme nicht mehr im Wechseldienst arbeiten konnte.
Die Krankenschwester arbeitete seit dem Jahr 1983 im Wechseldienst an einem in Potsdam ansässigen Krankenhaus.
Wie in der Branche üblich, ist sie aufgrund begründeter betrieblicher Notwendigkeit sowohl zur Leistung von Wechselschicht und Schichtarbeit, aber auch zur Ableistung von Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit verpflichtet.
Die interne Betriebsvereinbarung sah eine gleichmäßige Planung im Bezug auf die Schichtfolgen der jeweiligen Beschäftigten vor.
Der Nachtdienst begann in der Klinik um 21:45 Uhr und ging bis 6:15 Uhr.
Aufgrund einer Erkrankung wurde die Pflegefachkraft medikamentenpflichtig.
Die Medikamente hatten als Nebenwirkung das Auftreten von Müdigkeit.
Aufgrund dieser Nebenwirkung war die Pflegekraft nicht mehr dazu in der Lage, Nachtdienst abzuleisten.
Pflegefachkraft wurde wegen Nachtdienstuntauglichkeit gekündigt
Der Pflegedirektor des Krankenhauses schickte die Pflegefachkraft nach einer betriebsärztlichen Untersuchung nach Hause, weil diese wegen festgestellter Nachtdienstuntauglichkeit arbeitsunfähig krank sei.
Die Pflegefachkraft bot jedoch dem Arbeitgeber gegenüber ausdrücklich an, im Tagdienst zu arbeiten.
In der Folge wurde die Pflegefachkraft in der Klinik nicht weiter beschäftigt, erhielt zunächst das Entgelt weiter gezahlt und später fiel sie dann in den Arbeitslosengeldbezug.
Das Bundesarbeitsgericht stellte, nachdem die Krankenschwester gegen die arbeitsbedingte Kündigung geklagt hatte, fest, dass die Klägerin nicht arbeitsunfähig krank sei und ihre Arbeitsleistung insofern nicht als unmöglich angesehen werden könne.
Sie könne alle Tätigkeiten einer Pflegefachkraft ausüben, mit Ausnahme des Nachtdienstes.
Die Klinik sei demnach verpflichtet, bei der Einteilung der Dienste auf diese Einschränkung Rücksicht zu nehmen.
Insbesondere angesichts der Größe der Klinik mit knapp 2000 Beschäftigten sei dies auch zumutbar.
Sämtliche Vorinstanzen hatten ebenfalls der Klägerin Recht gegeben.
Nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts musste der Arbeitgeber der Klägerin nunmehr 6100 Euro Gehalt nachzahlen, weil Annahmeverzug bestand.
Der Arbeitgeber hat im vorliegenden Fall somit die Fürsorgepflicht gegenüber der Pflegefachkraft verletzt. Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG stammt bereits vom 9. 4. 2014 und trägt das Aktenzeichen 10 AZR 637/13.
Fazit: Nachtdienst? – Nicht immer
Es lässt sich somit festhalten, dass Pflegekräfte, die ausschließlich nachts arbeiten das Recht haben, sich in regelmäßigen zeitlichen Abständen, die zunächst nicht weniger als drei Jahre betragen dürfen und danach einmal jährlich stattfinden, sich im Hinblick auf die Nachtdiensttauglichkeit untersuchen lassen können.
Bei festgestellten gesundheitlichen Bedenken ist der Arbeitgeber verpflichtet, sofern keine betrieblichen Erfordernisse entgegenstehen, dem Arbeitnehmer eine entsprechende Tätigkeit im Tagdienst anzubieten.
Das Urteil des BAG bestätigt die Regelung des Arbeitszeitgesetzes zudem in eindrucksvoller Art und Weise.
Welche Erfahrung haben Sie in ihrem Berufsalltag mit dem Nachtdienst und der gesundheitlichen Belastung in der Pflege gemacht? – Wir freuen uns sehr auf Ihre Zuschriften per eMail an Post@Pflege-Liebe.de.
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