Die Überlastungsanzeige in der Pflege kommt immer dann zum Tragen, wenn Personalmangel mit einer gefährlichen Pflege einhergeht.
Was gilt es aber für Fallstricke, im Hinblick auf die Überlastungsanzeige zu beachten?
Überlastungsanzeige: Warum eigentlich?

Infolge des zunehmenden Personalmangels in Kliniken, Pflegeheimen und anderen stationären Einrichtungen kommt es immer häufiger zu Situationen, die mit einer guten Pflege nichts mehr zu tun haben.
Die Pflegequalität leidet, es entsteht gefährliche Pflege.
Dies gilt insbesondere dann, wenn die schon dünne Personaldecke durch krankheitsbedingte Fehlzeiten oder urlaubsbedingte Abwesenheit nochmals ausgedünnt wird.
In diesem Zusammenhang tritt die Überlastungsanzeige auf dem Plan, die einerseits dem Arbeitgeber und der Pflegedienstleitung die akute Situation anzeigt, andererseits aber auch eine bedeutende haftungsrelevante Bedeutung für die Pflegekräfte besitzt.
Überlastungsanzeige: Schriftform empfiehlt sich
Die Überlastungsanzeige kann sowohl mündlich wie auch schriftlich an die Pflegedienstleitung oder direkt an den Arbeitgeber übergeben werden.
Im Zuge der Beweislast sollte diese jedoch grundsätzlich schriftlich übergeben werden.
Über die Übergabe sollte zudem eine Bestätigung in schriftlicher Form darüber in Form der Unterschrift des Arbeitgebers oder der Pflegedienstleitung eingeholt werden.
Pflegekräfte dürfen nicht nur eine Belastungsanzeige an den Arbeitgeber weitergeben, wenn aufgrund einer akuten Überlastungssituation, bedingt durch Personalmangel und damit verbundener Gefahr der gefährlichen Pflege die Qualität gefährdet ist, sie sind sogar dazu verpflichtet.
Rechtsgrundlagen
Da die Pflegekraft die Stellung einer „Erfüllungsgehilfin“ besitzt, muss einer Gefährdung der Pflege der Patienten beziehungsweise in Altenpflegeeinrichtungen, der Bewohner gemeldet werden.
Gemäß §§ 15,16 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) ist der Beschäftigte verpflichtet, für die eigene Sicherheit und Gesundheit „Sorge zu tragen, Gleiches gilt für die Sicherheit und Gesundheit der Personen, die von ihren Handlungen oder Unterlassungen bei der Arbeit betroffen sind“ (vgl. § 15, Abs. 1 ArbSchG).
§ 16 Abs. 1 ArbSchG legt die Verpflichtung nahe, dem Arbeitgeber beziehungsweise der Pflegedienstleitung als Vorgesetztem jede unmittelbare erhebliche Gefahr sowohl für die Gesundheit der Beschäftigten wie auch nach Maßgabe des § 15 Abs. 1 ArbSchG der Patienten beziehungsweise Pflegebedürftigen zu melden.
Beschäftigte müssen dennoch Sorgfalt walten lassen
Ein weit verbreiteter Irrtum liegt jedoch darin begründet, durch die Übergabe der Belastungsanzeige jeglicher Verpflichtung im Hinblick auf die Sorgfaltspflicht der eigenen Arbeit außer Acht zu lassen.
Die Belastungsanzeige ermöglicht eine Entlassung der unter der Situation leidenden Pflegekräfte aus der Organisationshaftung.
Sowohl in zivilrechtlicher wie auch strafrechtlicher Hinsicht ist die Überlastungsanzeige insofern dringend anzuraten.
Denn wenn die verantwortliche Pflegefachkraft die Überlastung auf der Station beziehungsweise dem Wohnbereich nicht gegenüber dem Arbeitgeber oder dem nächsthöheren Vorgesetzten anzeigt, kommt dies einer Akzeptanz der Situation gleich und damit einer Zustimmung dahin gehend, als dass die Pflege in der geforderten Qualität auch weiterhin sichergestellt werden kann.
Wenn infolge des Personalmangels dann gravierende Pflegemängel auftreten, dann ist das gesamte Pflegeteam hierfür grundsätzlich in die Haftung zu nehmen.
Keine Angst vor Repressalien des Arbeitgebers
Im Hinblick auf mögliche Sorgen, dass der Arbeitgeber die Überlastungsanzeige als kritisch bewertet, sei erwähnt, dass der Arbeitnehmer nach Maßgabe der §§ 5 und 6 ArbSchG dem Arbeitgeber die Situation gegenüber anzeigen muss.
Demnach muss der Arbeitgeber nach Maßgabe des § 5 Arbeitsschutzgesetz von möglichen Gefährdungen Kenntnis erhalten, um seine Verpflichtung zur Umsetzung der Maßnahmen des Arbeitsschutzes erfolgreich angehen zu können.
Der Beschäftigte hingegen ist verpflichtet, dem Arbeitgeber nach Maßgabe des § 6 sämtliche Unterlagen zukommen zu lassen, aus denen die Gefährdungsbeurteilung hervorgeht.
Falls die Pflegekraft Angst hat, dass der Arbeitgeber arbeitsrechtliche Konsequenzen wie Abmahnung oder Kündigung aussprechen könnte, so sei hier zu erwähnen, dass § 612 a BGB (Maßregelungsverbot) hier schützt.
Denn eine dadurch ausgesprochene Abmahnung oder Kündigung ist rechtswidrig. Das Maßregelungsverbot in § 612 a BGB besagt hierzu wörtlich: „Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt“.
Inhalt einer Überlastungsanzeige
Der Inhalt einer Belastungsanzeige muss auf jeden Fall die Art der Überlastung und den Grund benennen (Art der pflegerischen Versorgung gefährdet, hier am besten einzelne Pflegemaßnahmen aufführen).
Der Grund der Entstehung liegt beispielsweise in der Krankmeldung einer oder mehrerer Pflegekräfte.
Zudem ist in der Belastungsanzeige darauf hinzuweisen, dass aufgrund der Situation, mögliche Pflegefehler nicht auszuschließen sind und dass der Arbeitgeber um Beseitigung des Mangels ersucht wird.
Zudem sollte ein Hinweis an den Arbeitgeber erfolgen, dass dieser seiner Organisationspflicht nachkommen muss.
Wichtig ist jedoch, dass in der Belastungsanzeige seitens der tätigen Pflegekräfte ausdrücklich darauf hingewiesen werden sollte, dass im Rahmen der derzeit vorhandenen Personalressourcen alles Mögliche getan wird, um eine Gefährdung der Pflegebedürftigen auszuschließen.
In der Belastungsanzeige sollte zudem auch aufgeführt werden, dass sämtliche auf der Pflegestation oder Wohnbereich tätigen Pflegekräfte die Situation als ebenso gravierend empfinden wie die Person, die die Belastungsanzeige aufgibt.
Optimale Pflege der Pflegebedürftigen als Ziel
Letztlich gilt es zu erwähnen, dass die Überlastungsanzeige dazu dient, die Pflegequalität und damit die Gesundheit der zu Pflegenden nach bestmöglichen Pflegestandards zu verbessern.
Auch gilt es, das eigene Haftungsrisiko für die Pflegekraft zu minimieren beziehungsweise gänzlich zu vermeiden.
Abschließend gilt es darauf hinzuweisen, dass auch die Belastungsanzeige grundsätzlich nicht vor schwerwiegenden Pflegefehlern schützt.
Denn wenn eine Pflegetätigkeit nicht fachgerecht ausgeübt wird, ist diese unabhängig von der Überlastungsanzeige zu bewerten.
Anders verhält es sich aber, wenn beispielsweise aufgrund des akuten Personalmangels das mindestens zweistündige Umlagern im Rahmen der Dekubitusprophylaxe nicht durchgeführt werden kann.
Nicht den Held spielen
Wenn bei erfolgter Belastungsanzeige hieraus Pflegemängel entstehen, lassen diese sich hinsichtlich der Haftung auf die Überlastung zurückführen.
Aus haftungsrechtlicher Sicht sollte daher immer bei sehr angespannter Personalsituation, die eine akute Gefährdung der Pflegebedürftigen möglich erscheinen lässt, eine Belastungsanzeige geschrieben werden.
Hier sollten die tätigen Pflegekräfte nicht Held spielen, sondern sich ganz klar auf die möglichen zivilrechtlichen und strafrechtlichen Konsequenzen im Hinblick auf die eigene Person besinnen und deshalb entsprechend eine Belastungsanzeige schreiben.
Welche Erfahrung haben Sie in ihrem Berufsalltag als Pflegekraft mit der Überlastungsanzeige gemacht? – Wir freuen uns sehr auf Ihre Zuschriften per eMail an Post@Pflege-Liebe.de.
Leave a Reply