Krankenpflege – Darf der Arzt das?

Krankenpflege – Darf der Arzt das?
Krankenpflege Darf der Arzt Anweisungen geben? - Pflege Liebe Zeitschrift

Krankenpflege wurde in der Vergangenheit von den Ärzten stets als ärztliche Assistenzarbeit angesehen.

Seit einigen Jahren hat sich aufgrund des zunehmenden Personalmangels in beiden Bereichen jedoch so etwas wie eine gegenseitige Wertschätzung ausgebreitet.

Dennoch tritt gelegentlich, insbesondere bei älteren Ärzten und bei älterem Pflegepersonal, das typische, früher in der Klinik vorherrschende Hierarchiedenken zutage.

Wodurch unterscheidet sich jedoch eine Anordnung, die die Pflegekraft ausüben muss, von einer Anordnung, die sie mit gutem Gewissen zurückweisen darf?

Krankenpflege: Darf der Arzt die Schwester auffordern, das Bett zu machen?

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Krankenpflege – darf der Arzt das? – Pflege Liebe Zeitschrift

„Schwester machen Sie bitte mal das Bett“.

Noch vor rund 15 Jahren war eine derartige Äußerung von einem Chefarzt in einer Klinik als nahezu Dienstanweisungen aufzufassen.

Das bedeutet, wenn Arzt eine entsprechende Anweisung an das Pflegepersonal gegeben hatte, wurde wie selbstverständlich das Bett gemacht.

Durch die zunehmende Emanzipation der Pflegeberufe und die dadurch klar abgegrenzte Fachkompetenz, sowohl für den pflegerischen Bereich wie für den medizinischen Bereich, tauchen jedoch auch die jeweiligen Verantwortlichkeiten in Bezug auf das Direktionsrecht zunehmend zutage.

Das bedeutet, dass eine klare ärztliche Anordnung im Sinne einer medizinisch notwendigen Therapie durch das Pflegepersonal ausgeführt werden muss, jedoch keine in den ausschließlichen Kompetenzbereich der Pflege hineinfallende Tätigkeit (zum Beispiel das Bett machen).

Das Pflegepersonal wäre demnach nicht dazu verpflichtet, die Anordnung des Arztes in Bezug auf das umgehende „Machen des Bettes“ umzusetzen.

Dieses einfache Beispiel dokumentiert, dass eindeutig in die Pflege fallende Tätigkeiten nicht dem Direktionsrecht des Arztes unterliegen.

Krankenpflege und die Pflegedokumentation

Ähnlich verhält es sich mit der ärztlichen Anordnung „Sie schreiben bitte in die Dokumentation, dass der Patient heute Morgen bei der Grundpflege aktiv mitgemacht hat“.

Sollte der Arzt den Patienten bei der Grundfläche beobachtet haben, und diese Beobachtung getätigt haben, dann darf die Pflegekraft der Anordnung dennoch widersprechen.

Der Pflegebericht dient ausschließlich der Beobachtung durch das Pflegepersonal.

Der Arzt müsste also seine Beobachtung auf dem für den Arzt reservierten Dokumentationsbogen eintragen.

Auch hier könnte die Pflegekraft also der Anordnung des Arztes ohne juristische Probleme widersprechen.

Krankenpflege – Darf der Arzt die Rasur des Beines anordnen?

Wenn der Arzt anordnet, dass bei dem Patienten für eine Untersuchung das Bein zu rasieren ist, dann handelt es sich genau genommen bei der Rasur um eine pflegerische Tätigkeit.

Da die Rasur allerdings als Vorbereitung für eine ärztliche Untersuchung dient, muss die Pflegekraft hier wiederum der Anordnung des Arztes Folge leisten.

Belegarzt untersagt meldepflichtige Krankheit anzuzeigen

Ein weiteres Beispiel (was zugegebenermaßen sehr extrem ist, allerdings dem Autor aus eigener Erfahrung genau so widerfahren ist) stellt die Problematik der sogenannten Belegbetten dar.

Insbesondere niedergelassene Ärzte verdienen sich zu dem regulären Gehalt durch Belegbetten in Kliniken zuweilen ein zusätzliches Honorar dazu.

Wenn nun ein Patient auf die reguläre Station aufgenommen wird, bei dem der Verdacht auf eine nach dem Infektionsschutzgesetz meldepflichtige Erkrankung besteht, der Belegarzt aber Angst hat, dass dadurch seine Belegbetten nicht gefüllt werden könnten und deshalb anordnet, dass die meldepflichtige Krankheit nicht gemeldet wird, darf die Pflegekraft dieser Anordnung widersprechen?

Grundsätzlich handelt es sich hier um eine Meldepflicht, die dem ärztlichen Bereich in der Klinik zuzuordnen ist.

Der Arzt handelt hier aber entgegen der geltenden gesetzlichen Hygienevorschriften und der Klinik.

Da die Pflegekraft Kenntnis von diesem Fall hat, darf sie dieses, sowohl im Hinblick auf die Gesundheit der übrigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber selbstverständlich und insbesondere auch im Hinblick auf die Patienten der Pflegedienstleitung melden und insofern zumindest die eigene Verantwortung auf die vorgesetzte Stelle übertragen.

Dadurch, dass die Pflegekraft ihrer Meldepflicht nachgekommen ist und angezeigt hat, dass ein meldepflichtiger Fall auf der Station vorhanden ist, der Arzt sich aber weigert, diesen zu melden und dem Pflegepersonal untersagt, dies weiterzugeben, entgeht die Pflegekraft zugleich auch einer möglichen eigenen strafrechtlichen Verfolgung, denkbar wäre hier beispielsweise der Straftatbestand der fahrlässigen Körperverletzung (zur Information: im real stattgefundenen Fall hat die Pflegedienstleitung sich hinter das Pflegepersonal gestellt, den Chefarzt informiert und die Krankheit wurde dem Gesundheitsamt gemeldet).

Fazit: Ärzte dürfen anordnen, aber nicht immer

Die angeführten Beispiele zeigen sehr deutlich, dass bestimmte Anordnungen des Arztes unbedingt Folge zu leisten sind, andere Anordnungen jedoch durch die Pflegekraft widersprochen werden dürfen.

Grundsätzlich lässt sich jedoch sagen, dass in immer mehr Kliniken die Ärzte wissen, welche Arbeit das Pflegepersonal für das Gesamtwohl der Patienten leistet.

Umgekehrt gilt dasselbe für das Pflegepersonal in Bezug auf die Ärzteschaft.

Krankenpflege – Praktischer Tipp für die Verantwortlichen in der Klinik

Um einem Kompetenzstreit aus dem Wege zu gehen, sollte die Pflegedienstleitung mit dem ärztlichen Direktor zusammen einen klar umrissenen Kompetenzkatalog erarbeiten, der sowohl klar umgrenzte Einzelkompetenzen enthält wie auch gemeinsame Kompetenzen.

Hierdurch wird eine effiziente Arbeitsweise gefördert.

Krankenpflege – Welche Erfahrung haben Sie mit dem Direktionsrecht des Arztes gemacht? – Wir freuen uns sehr auf Ihre Zuschriften per eMail an Post@Pflege-Liebe.de.

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