Umkleidezeit Arbeitszeit, so lässt sich das jüngste Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) in Erfurt in zwei Worten zusammenfassen.
Das bemerkenswerte an dem Urteil ist, dass es sich genau um einen Fall handelte, der Pflegepersonal betraf.Der Fall im Detail.
Umkleidezeit Arbeitszeit: Richtungsweisendes Urteil

In dem entschiedenen Fall wollte ein Krankenpfleger aus Niedersachsen 464,20 Euro als Überstunden vergütet bekommen, da er in der Zeit zwischen Februar 2013 und April 2014 an insgesamt 100 Werktagen jeweils rund 11,5 Minuten zum An- und Umziehen benötigte.
Zudem dauerte die Händedesinfektion jeweils 30 Sekunden.
Der Kläger verlangte von seinem Arbeitgeber, einer Klinik, diese Zeiten als Überstunden vergütet zu bekommen.
Die Klinik indes lehnte diese Forderung ab, mit der Begründung, dass die Klinikkleidung auch zu Hause an und ausgezogen werden könne (Kommentar der Pflege Liebe Redaktion:
offenbar hatte die Klinik nicht nur das Arbeitsrecht missachtet, sondern auch sämtliche geltenden Hygienevorschriften).
Das Bundesarbeitsgericht indes gab in dem jetzt entschiedenen Urteil dem Kläger recht.
Demnach ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, die Umkleidezeit als Mehrarbeit zu vergüten, wenn im jeweils geltenden Tarifvertrag keine anders lautenden Vereinbarungen getroffen wurden.
Umkleidezeit Arbeitszeit: Händedesinfektion fällt nicht darunter
Im Hinblick auf die von dem Kläger ebenfalls geltend gemachte Zeit für die Händedesinfektion urteilten die Richter jedoch, dass die Desinfektion der Hände als reguläre Arbeitszeit zu gelten habe.
Für diesen Klagepunkt wurde die Klage zurückgewiesen.
Zudem muss auch der Weg zur Umkleide durch den Arbeitgeber bezahlt werden.
Psychiatrie: Privatkleidung oftmals Arbeitskleidung
Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass Dienstkleidung zwingend erforderlich ist.
Zur Vergütung verpflichtet ist der Arbeitgeber jedoch dann nicht, wenn die Kleidung zu Hause angelegt werden kann oder auch privat genutzt wird.
So ist beispielsweise im Bereich der psychiatrischen Krankenpflege die Dienstkleidung oftmals identisch mit der Privatkleidung.
Das Bundesarbeitsgericht entschied im verhandelten Fall jedoch, dass dem Kläger das An- und Ausziehen der Dienstkleidung zu Hause nicht zumutbar sei.
Umkleidezeit Arbeitszeit: Besonders auffällige Arbeitskleidung vs. Privatsphäre
Dies gelte insbesondere deshalb, weil es sich um eine „besonders auffällige“ Kleidung handelt.
Durch diese besondere Auffälligkeit sei der Kläger auch von unbeteiligten Dritten als Angehöriger der Gesundheitsbranche zu erkennen, was das Recht auf Privatsphäre einschränke.
Umkleidezeit Arbeitszeit gilt somit für Pflegepersonal, sofern wie bereits erwähnt, der Tarifvertrag nichts anderes bestimmt.
Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 06.09.2017 trägt das Aktenzeichen 5 AZR 382/16 und ist im Wortlaut hier nachzulesen.
Welche Erfahrung haben Sie in ihrem Berufsalltag mit der Vergütung der Umkleidezeit in der Pflege gemacht? – Wir freuen uns sehr auf Ihre Zuschriften per eMail an Post@Pflege-Liebe.de.
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